Wie Veränderung schaden kann.

Wie Veränderung schaden kann.Vor Kurzem war ich auf der Suche nach einem Zahnarzt. Ich hatte keine Schmerzen, es sollte nur eine Routineuntersuchung sein. Bei dem ersten Zahnarzt, den ich aufsuchte, wurde mir im Wartezimmer ein Espresso angeboten – das konnte nichts Gutes verheißen. Und tatsächlich, die Empfehlung lautete: Sie haben zwar keine Karies, aber Sie sollten sämtliche Füllungen erneuern lassen. Eine Generalüberholung quasi. Ähnliches erlebte ich bei zwei weiteren Zahnärzten, bis ich schließlich auf einen vierten stieß, der sagte: Bei Ihnen ist alles bestens!

Es gibt Menschen, die einem einen Veränderungsbedarf einreden, den man gar nicht hat. Dieses Phänomen ist unter anderem gesellschaftlich bedingt. Die Möglichkeiten der Persönlichkeitsentwicklung sind heutzutage sehr umfangreich. Neben zahlreichen Therapie-Angeboten gibt es Seminare zur Selbsterfahrung in vielen Variationen sowie umfangreiche Literatur zur Beratung in allen Lebenslagen. Die eigene Veränderungsbereitschaft scheint inzwischen nicht nur Krisenmaßnahme, sondern auch Paradigma zu sein. Mit der Vielzahl der Angebote ist die Orientierung verloren gegangen, welche Veränderung notwendig und welche überflüssig ist.

Im Coaching begegne ich nicht selten dieser Fragestellung. Ein gutes Coaching hilft Menschen nicht nur, sich für Veränderungen, sondern im Zweifel auch gegen eine solche Veränderung zu entscheiden. Im ersten Fall geht es darum, die Risikobereitschaft des Klienten zu fördern, im zweiten Fall darum, die Fähigkeit zur Abgrenzung vor fremder Einflussnahme zu unterstützen. Für die seelische Gesundheit ist es wichtig, eine Balance zu finden zwischen dem eigenen Bedürfnis nach Stabilität und dem Wunsch nach Wachstum und Veränderung. Für eine Veränderung sollte der Zeitpunkt stimmen, sowie auch die Motivation und die Kraftreserven. Niemand kann diese Dinge besser beurteilen als man selbst.

Wann hatten Sie zuletzt den Eindruck, dass Sie zu einer Veränderung gedrängt wurden?